0011 Apfelschmaus
Anton Apfelwurm frisst sich kreuz und quer durch drei leckere Äpfel. Kannst du seinem Weg folgen?
INFO Kernfrage - Eine Apfelgeschichte von Tillmann Ehrenreich
Nicht weit vom Stamm fiel der Apfel. Noch benommen vom Sturz sortierte er sein Kerngehäuse und entrunzelte die angeschlagene Schale über einer Sturzdelle, die er bereits inwendig braun werden fühlte. Von dort ausgehend füllte sich sein pralles Fruchtfleisch mit Vergänglichkeit. Just abgenabelt und dumpf aufgeschlagen ahnte er bereits den nahenden Tod. Den Apfel jammerte sein stündlich unausweichlicher scheinendes Schicksal, doch fehlte ihm ein Adressat für seinen Kummer. Vor kurzem noch in engster, nie hinterfragter Verbundenheit mit Mutter Baum, in ständigem, als natürlich und selbstverständlich hingenommenem Austausch von Nähr- und Botenstoffen, wusste er sich der unerreichbar nahen Riesin nun nicht mehr mitzuteilen.
Die Nacht kam und ging. Von des Apfels einzig verbliebenem Blatt fiel ein Tautropfen zu Boden. Oder war es eine Träne? Und mit dem Tropfen sickerte des Apfels Elend durch das Erdreich in die Tiefe, wo die Wurzeln von Mutter Baum mit dem kraftspendendem Wasser auch die drängende, stumme Frage des Apfels aufsogen:
«WAS SOLL AUS MIR WERDEN?»
Die Sonne stieg. Süßer Duft entwich dem Apfel, ein warmer Mittagshauch von Verwesung. Durch des Baumes dichtes Blattwerk fand ein Sonnenstrahl zum daniederliegenden Apfel, seine lädierte Schale zu liebkosen. Berührt von der Wärme vergaß der Apfel für einen winzigen Moment seinen Kummer und augenblicklich erfüllte ihn Gewissheit und Trost noch bis in die kleinste sich in Auflösung befindliche Fruchtfaser. Denn auf dem Rücken des Sonnenstrahls hatte Mutter Baum ihre Antwort von der belaubten Krone zu Boden gesandt:
«SIEH MICH AN!»
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